Anfang Juni hieß es dann Abschied nehmen – von der Pferderanch, die für mehr als vier Monate mein Zuhause war, den Tieren, Kollegen & Freunden – zugegebenermaßen mit einem lächelnden und einem weinenden Auge.
Doch bevor es soweit war, hatten die letzten Wochen noch einiges zu bieten und es wurde nicht langweilig. Das Wetter im Mai war wechselhafter denn je und so ereilte uns Ende des Monats ein Eisregen, den ich so noch nie gesehen hatte. Innerhalb weniger Tage fielen die Temperaturen von knapp 30°C auf -1°C, es regnete wie aus Eimern und ich war innerhalb einer Stunde komplett nass. Der Regen hielt sich an den Bäumen, Pflanzen und jeglichen Oberflächen draußen und die Kälte ließ alles gefrieren, sodass einmalige Eisskulpturen entstanden und alles wie von Glas ummantelt erschien – ziemlich faszinierend anzusehen (wenn auch sehr kalt).
Die letzten Tage meines Aufenthalts in Manitoba zeigten sich dann aber nochmal von ihrer besseren Seite, ich konnte einige weitere Ausritte unternehmen, habe geholfen Pferde zu trainieren und konnte an vielen anderen Tagen die Sonne und die weite Prärielandschaft genießen. 🙂
Doch bevor es für mich ins nächste Abenteuer ging, galt es noch eine kleine Herausforderung zu überwinden: meine letzten Tage in Manitoba verbrachte ich tatsächlich ohne fließend Wasser. Was anfangs ein ziemlicher Schock war, entpuppte sich recht schnell als Chance kreativ zu werden und so schaffte ich es tatsächlich meine Kleidung ohne Waschmaschine zu waschen, meine Haare kopfüber in eine Schüssel zu tauchen und Essen zu kochen – wieder eine Erfahrung, die gezeigt hat, wie dankbar wir jeden Tag sein sollten für Dinge, die so selbstverständlich erscheinen…
Mit vielen wundervollen Erinnerungen an eine einmalige Zeit, die ich in Manitoba und auf der Parkland Ranch, die gleichzeitig meine Heimat für viele Monate war und immer mein erster Eindruck von Kanada bleiben wird, verbracht habe, ließ ich die Prärieprovinz hinter mir und startete die Reise Richtung Westen. Ich hatte das Glück, dass mich mein Kollege, der in den vergangen Monaten gemeinsam mit mir auf der Ranch gearbeitet hat, in seinem Auto mitnehmen konnte und so legten wir an einem Tag über 1000km zurück und waren zwölf Stunden unterwegs (davon laut Navi ‚853km der Straße folgend‘). Unterwegs durchquerten wir die kanadische Provinz Saskatchewan, sahen endlos weite Straßen vor uns und Landschaften neben uns. Die Sonne schien und der Himmel strahlte in einem kräftigen Blau und irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, taten sich dann die ersten Berge vor uns auf und wir hatten die Provinz Alberta erreicht. Für mich ging es an diesem Tag nach Canmore, wo ich ein paar Tage mit meinen Freunden aus meiner Neuseeland-Zeit verbringen konnte. Die Freude über ein Wiedersehen nach vier Jahren war auf beiden Seiten groß und so fühlte ich mich direkt wohl – in den kanadischen Rocky Mountains, die diesen Sommer mein Zuhause sind. 🙂
Um einen ersten Eindruck von dieser gigantischen Landschaft zu bekommen, unternahm ich mit meiner Freundin zwei Wanderungen, die uns traumhafte Ausblicke boten, besuchte Banff und fuhr Fahrrad in Canmore. Das Wetter war ebenfalls traumhaft und die gemeinsame Zeit verging viel zu schnell, aber für mich stand ein nächster großer Abschnitt im Abenteuer „Kanada“ auf dem Programm.
Am Sonntag, den 06. Juni 2021 bezog ich mein neues Zuhause direkt am Fuße des Moraine Lake – ein Gletschersee im Banff Nationalpark. Hier werde ich die Sommermonate über in einem Café arbeiten und kann mich aktuell nicht glücklicher schätzen. 🙂
Mittlerweile bin ich schon knapp zwei Wochen hier und habe bereits so einiges erlebt, war Kanu fahren, habe Wanderungen unternommen und mich gut eingelebt. Die Arbeit macht Spaß und ich genieße meine Zeit in vollen Zügen. 😉